Wie eine grüne Insel ragt das staatlich anerkannte und demarkierte Territorium Alto Turiaçu der indigenen Ka'apor aus einem Meer der Zerstörung hervor. Das 531.000 Hektar große Urwaldgebiet – das entspricht der doppelten Fläche des Saarlandes, liegt im brasilianischen Bundesstaat Maranhão. Dort, im Nordosten des südamerikanischen Landes, geht der Amazonasregenwald langsam in die weiter südlich gelegenen tropischen Savannen des Cerrado über.
Die besonderen Bedingungen bieten einen Lebensraum für eine enorme Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Einige Arten wie der kritisch bedrohte Kaapori-Kapuzineraffe (Cebus kaapori) und der bedrohte schwarze Saki (Chiropotes satanas) haben in Alto Turiaçu einen ihrer letzten verbliebenen Lebensräume.
Die Ka'apor schützen das letzte große Regenwaldgebiet im Südosten Amazoniens. Doch sie werden massiv von Holzfällern, Viehzüchtern und Bergbaufirmen bedroht.
Die etwa 2.500 Ka'apor sind eines der über 300 indigenen Völker Brasiliens. Mit ihrer Lebensweise haben sie den Regenwald bis heute erhalten. Sie verteidigen ihn gegen illegale Eindringlinge und Plünderer.
Bis an den Rand des Schutzgebiets der Ka'apor haben Holz- und Bergbaufirmen, Viehzüchter, Großgrundbesitzer und Landspekulanten den Regenwald schon fast komplett gerodet und machen inzwischen nicht einmal mehr vor dessen Grenzen Halt. Dabei ist das jetzige Schutzgebiet nur der Rest eines ursprünglich viel größeren Gebiets, das den Ka'apor und anderen Ureinwohnern wie den Awá und Tembé in den vergangenen Jahrzehnten bereits geraubt wurde.
Holzfäller schlagen die Ipé-, Massaranduba- und Cedro-Bäume. Die tropischen Hölzer gehen auch nach Europa für die Produktion von Gartenmöbeln, Parkett und Holzterrassen. Wilderer dezimieren die reiche Tierwelt des Gebiets. Bergbaufirmen haben vom Staat viele Tausend Hektar Konzessionen erworben, um Gold abzubauen.
Wie die Ka'apor den Regenwald verteidigen
Die Ka'apor haben in den vergangenen Jahren eigene Strategien zu ihrer Verteidigung entwickelt. Dazu haben sie einen indigenen Rat von Führern und Führerinnen gegründet, der die Entscheidungen gemeinsam trifft.
Um ihr Gebiet besser zu schützen, haben sich viele der Indigenen in neu errichtete Dörfer am Rande ihres Territoriums niedergelassen – zumeist in geräumten Holzfällercamps oder an Orten, an denen Straßen bis an das Territorium führen. 25 Holzfällerpisten wurden dadurch bereits blockiert. So sichern und kontrollieren sie die Grenzen des Regenwaldes vor Eindringlingen.
Innerhalb des Gebietes überwachen die Ka'apor mit eigenen Waldpatrouillen den Regenwald. Sie greifen illegale Holzfäller und Wilderer auf und schaffen sie aus ihrem Gebiet. Über hundert Lastwagen von Holzfällern haben sie bereits unbrauchbar gemacht.
Um die Siedlungen haben sie inzwischen elf Schutzgebiete eingerichtet. Ihre Versorgung sichern die Menschen mit Agroforstwirtschaft, einer Kombination von Landwirtschaft mit Bäumen. Die Strategie der Ka'apor ist sehr erfolgreich, ihr Gebiet weist die geringste Rodungsrate in ganz Brasilien auf. Ihr Regenwald ist auch wesentlich besser geschützt als die Natur in staatlichen Schutzgebieten, wie Wissenschaftler anhand der Auswertung von Satellitendaten festgestellt haben.
Über das 2012 vom Rat der indigenen Führer gegründete Zentrum zur Förderung des Wissens der Ka'apor (Centro de Formação Saberes Ka'apor – CFSK) haben sie ein eigenes Bildungssystem geschaffen, das Kinder und Jugendliche in ihrer eigenen Sprache unterrichtet und mit ihren eigenen Werten erzieht. Neben der Bildung konzentriert sich die Arbeit auf den Schutz des Territorium, Gesundheit, Ernährungssicherung, Stärkung der indigenen Kultur und Sprache sowie der nachhaltigen Entwicklung.
Unterstützung der Ka'apor
Rettet den Regenwald unterstützt seit 2021 den Rat der Ka'apor und das Zentrum zur Förderung des Wissens der Ka'apor mit Spendengeldern. Unter Anleitung eines erfahreren Biologen unterteilen junge Ka'apor das Territorium Alto Turiaçu in verschiedene Management-, Nutzungs- und Schutzzonen und arbeiten Pläne zur Selbstverteidigung aus („Projeto de Etnomapeamento e Autodefesa do Território para Governança Ka'apor“).
Dazu müssen Treffen in den Dörfern organisiert und durchgeführt, Arbeitsgruppen und für Waldpatrouillen organisiert, das Gebiet vermessen, Landkarten erstellt, Material und technisches Gerät angeschafft werden und vieles mehr.
Ein Projekt zur Stärkung der Frauen in der Organisation und der indigenen Gesellschaft ist geplant.